Kapitalismus in seiner reinsten Form
Ja, die Zeit muss grausam und unmenschlich gewesen sein – so wird es berichtet.
Im 18. und 19. Jahrhundert, im Süden der Vereinigten Staaten, blühte das Geschäft auf den Baumwollplantagen. Man arbeitete nach bewährten Methoden, sorgte für Effizienz, motivierte die Belegschaft und achtete sorgfältig auf wirtschaftliche Kostenminimierung.
Die Erträge waren beachtlich, die Gewinne hoch, die Zufriedenheit der Besitzenden – so sollte man meinen – grenzenlos.
Doch das Gegenteil war der Fall. Die Elite jener Zeit hätte ihr Leben in Saus und Braus genießen können – wenn da nicht die Schattenseite ihres Wohlstands ständig vor Augen gewesen wäre.
Ein Spaziergang über das Anwesen genügte, um die Kehrseite der eigenen Privilegien zu sehen: das Elend der Arbeitenden, ihre Müdigkeit, ihre Stimmen im Wind.
Diese Eindrücke ließen sich nicht ausblenden. Sie drangen in das Bewusstsein, nagten am Gemüt und machten es schwer, den Reichtum unbeschwert zu genießen.
Heute, in der modernen Welt, hat sich dieses Dilemma aufgelöst – scheinbar perfekt.
Denn die Machtelite unserer Zeit hat Wege gefunden, Reichtum zu genießen, ohne je mit dem Leid derer konfrontiert zu werden, die diesen Reichtum ermöglichen.
Die Ausbeutung geschieht nun still – verborgen hinter Lieferketten, Bildschirmen und Bilanzen. Kein Klagen, kein Elend stört mehr den Blick auf das eigene Glück.
So lebt es sich angenehm – abgeschirmt, fern jeder direkten Verantwortung, getrieben nur von der Frage, wie sich noch mehr Kapital anhäufen lässt und wie sich die Menschheitsfamilie noch effektiver steuern lässt.
Der Kapitalismus hat seine höchste Form erreicht: eine Welt, in der das Leid zwar noch existiert, aber nicht mehr gesehen werden muss.